Aktuelle Kabinettsbeschlüsse in Berlin: Bäckerhandwerk enttäuscht über bleibende Dokumentationspflichten
Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks bewertet die getroffenen Beschlüsse des Kabinetts gemischt: Die Beibehaltung der Stromsteuererstattung für das produzierende Gewerbe beurteilt der Branchenverband als positiv. So gehört das Bäckerhandwerk weiterhin zu den Branchen, die zumindest in Teilen von der Politik bei der Stromsteuer auch zukünftig entlastet werden. Dr. Friedemann Berg, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands, begrüßt auch die weiteren Beschlüsse im Bereich Energieversorgung; „Die Entlastungen bei der Gasspeicherumlage und den Netzentgelten sind eine positive Entwicklung und der richtiger Schritt, um dem energieintensiven Bäckerhandwerk die dringend notwendigen Erleichterungen zu verschaffen.“
Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Vieles läuft am Ziel vorbei
Kritisch bewertet der Zentralverband hingegen die Pläne des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Zwar sollen die Berichtspflichten gestrichen werden, die Dokumentationspflichten und das Grundgerüst des Gesetzes bleiben jedoch auch in Zukunft bestehen. „Diese Entscheidung ist wirklich eine Enttäuschung für uns. Im Koalitionsvertrag war die vollständige Abschaffung des Gesetzes versprochen worden, nun wird es nur minimal entschärft“, beklagt Hauptgeschäftsführer Dr. Berg. „Für die kleinen und mittleren Zulieferbetriebe im Bäckerhandwerk bleiben damit weiterhin bürokratische Belastungen und Rechtsunsicherheit bestehen. Viele Betriebe werden weiter mit seitenlangen Codes of Conduct belastet, obwohl sie längst alle deutschen und europäischen Standards erfüllen. Das ist eine Zumutung für die Branche.“
Die Gesetzesänderung zielt darauf ab, die im Koalitionsvertrag vereinbarte Verhängung von Bußgeldern restriktiver zu regulieren und die Abschaffung der LkSG-Berichtspflicht umzusetzen. Der Referentenentwurf sieht im Einzelnen folgende Änderungen zum LkSG vor:
- Im LkSG sollen die §§ 10 Abs. 2 bis 4 LkSG gestrichen werden. Damit entfallen die Berichtspflichten ersatzlos. Gem. Art. 2 S. 2 des Referentenentwurfs sollen diese Änderungen rückwirkend zum 1. Januar 2023 in Kraft treten. Der Wegfall der Berichtspflicht bezieht sich damit auf den Berichtszeitraum ab Januar 2023. Damit wird vermieden, dass Unternehmen nachträglich Berichte ausschließlich für die Jahre 2023 und 2024 erstellen müssen, wenn sie diese Berichte noch nicht erstellt haben. Nach dem Referentenentwurf soll sich dadurch der jährliche Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft um 4,138 Mio. Euro reduzieren.
- Auch wenn die Berichtspflicht über die Einhaltung der Sorgfaltspflichten entfällt, gelten darüber hinaus die im LkSG geregelten Sorgfaltspflichten fort. Durch eine Neufassung des § 24 Abs. 1 LkSG sollen die Ordnungstatbestände jedoch reduziert werden. Danach handelt ordnungswidrig, wer gegen die Pflicht zur Ergreifung von Präventionsmaßnahmen (§ 6 Abs. 1 LkSG), die Pflicht zur Ergreifung von Abhilfemaßnahmen (§ 7 Abs. 1 S. 1 LkSG), die Pflicht zur Erstellung eines Konzepts gem. § 7 Abs. 2 S. 1 und § 9 Abs. 3 Nr. 3 LkSG und die Pflicht zur Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens gem. § 8 Abs. 1 S.1 LkSG in Verbindung mit § 9 Abs. 1 LkSG verstößt.
- Nach dem Referentenentwurf sollen damit künftig nur solche Pflichtverstöße bußgeldbewährt sein, die das LkSG als besonders schwerwiegend bewertet hat und bereits in der bisherigen LkSG-Fassung des § 24 Abs. 2 und 3 LkSG mit einer erhöhten Geldbuße bzw. mit einer umsatzbezogenen Geldbuße belegt wurden. In der Begründung des Referentenentwurfs wird ausgeführt, dass das Verhängen von Geldbußen nach § 24 Abs. 2, 3 LkSG dabei die Ultima Ratio des behördlichen Einschreitens darstellt, dem eine behördliche Einbindung vorausgehen sollte.
- Nach dem Referentenentwurf bleibt das LkSG in Kraft und wird nicht abgeschafft. Gem. Art. 1 S. 1 des Referentenentwurfs sollen die Änderungen der Bußgeldvorschriften sowie die notwendigen Folgeänderungen am Tag nach der Verkündung in Kraft treten. Die Berichtspflichten gem. § 10 Abs. 2 bis 4 LkSG sollen rückwirkend gestrichen werden.
Arbeitszeitgesetz: Versprechen noch nicht gehalten
Im Koalitionsvertrag hatte die Regierung ebenfalls zugesagt, das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) zu modernisieren und den Ausnahmekatalog nach § 10 ArbZG um das Bäckerhandwerk zu erweitern. Damit könnten Beschäftigte in der Herstellung und im Ausliefern von Backwaren an Sonn- und Feiertagen künftig bis zu acht Stunden eingesetzt werden, statt wie bisher nur drei. Die Umsetzung dieser Pläne lassen aktuell noch auf sich warten: „Die Modernisierung des Arbeitszeitgesetzes sollte die Koalition jetzt angehen. Für die Praxis ist die derzeitige Dreistundenregelung völlig untauglich. Ohne eine Anpassung beim Arbeitszeitrecht haben Handwerksbäcker im Wettbewerb mit Tankstellen und Supermärkten keine fairen Chancen“, mahnt Dr. Berg. Der Zentralverband verweist zudem darauf, dass es als einziges Gewerk steigende Ausbildungszahlen verzeichnet. „Eine zeitgemäße Regelung der Arbeitszeiten würde den Beruf noch attraktiver machen und jungen Menschen eine klare Perspektive geben. Das wäre ein starkes Signal – nicht nur an unsere Betriebe, sondern auch an die nächste Generation von Bäckerinnen und Bäckern“, so Berg weiter.
